Der ursprüngliche Vermehrungstyp mit Entwicklung im Brack- oder Meerwasser

Auch Süßwassergarnelen stammen ursprünglich von marinen Arten ab. Im Laufe der Stammesgeschichte haben einige Arten auch die brackwasserführenden Flussmündungen erobert und sind von dort aus weiter stromauf bis in die reinen Süßwasserbereiche gewandert. Viele dieser Garnelenarten haben aber ihre ursprüngliche Bindung an das Meer nie ganz verloren. Zwar können die adulten Garnelen bis zu ihrem Lebensende in reinem Süßwasser existieren und sich dort auch fortpflanzen. Dazu geben die Garnelen-Weibchen eine Vielzahl kleiner Eier ins Gewässer ab. Die nach kurzer Zeit aus diesen Eiern schlüpfende sogenannte Zoea-Larve kann jedoch nur wenige Tage im Süßwasser überleben. Daher lässt sie sich mit der Strömung die Flüsse hinab bis in Meer treiben, wo sie als Plankton mehrere Larvenstadien durchläuft, bis nach einigen Wochen die voll-entwickelte, aber noch sehr kleine Junggarnele wieder stromauf wandert, bis sie ihre Geburtsstätte wieder erreicht hat und der Vermehrungszyklus von neuen beginnt. Zu diesem ursprünglichen Vermehrungstyp gehören einige Zwerggarnelenarten, mehrere große Fächergarnelen und viele Großarmgarnelen. Man kann sich vorstellen, dass auf dem Weg ins Meer und zurück viele Gefahren auf die Garnelenlarven lauern. Um die Verluste zu kompensieren, müssen solche Garnelen sehr viele Eier pro Laichgang produzieren. Bei diesem Fortpflanzungstyp ist es schwierig im Aquarium adäquate Bedingungen mit einem kontinuierlichen Milieuwechsel von Süßwasser zu Meerwasser und zurück zu simulieren. Die Nachzucht solcher Garnelen ist daher unter normalen Aquarienbedingungen bisher nur selten gelungen.

Der Vermehrungstyp mit Entwicklung planktischer Larven im Binnengewässer

Einige Garnelenarten haben Binnengewässer erobert, so z.B. die Gruppe der Sulawesi-Garnelen, die in der Mehrzahl die Geröllbrandungszone der Malliliseen auf der indonesischen Insel Sulawesi besiedeln. Solche Garnelen haben zwangsläufig den Kontakt zum Meer verloren und können sich daher unter reinen Süßwasserbedingungen vermehren. Die aus den Eiern schlüpfenden Zoe-Larven bilden einen Bestandteil des Seenplanktons, wo sie in der Freiwasserzone viele Larvenstadien durchlaufen, bis sie schließlich als Junggarnele zum Leben am Gewässerboden zurückkehren.

Der hoch entwickelte Vermehrungstyp mit Entwicklung der Larven im Ei

Eine weitere Entwicklungsstufe in der Evolution der Süßwassergarnele stellt der dritte, sogenannte fortschrittliche, hochentwickelte Vermehrungstyp dar. Solche Garnelen produzieren nur wenige, aber große und dotterreiche Eier. Diese Eier werden während des Ablaichens von den Weibchen zwischen die Schwimmbeine genommen, wo sie in dem Brutraum zwischen den Pleopoden gut geschützt sind. Dort spielt sich die gesamte Larvalentwicklung im Ei ab. Das Muttertier trägt diese Eier, in der Regel sind es nur 20 bis 30 Stück, mit sich herum, schlägt von Zeit zu Zeit mit den Extremitäten aus, um den Eier sauerstoffreiches Frischwasser zuzuführen, bis nach einigen Wochen die vollentwickelten, aber noch winzig kleinen Junggarnelen aus den Eier schlüpfen und zum Bodenleben übergehen. Dort beginnen sie nach kurzer Zeit mit Suche nach verwertbaren Nahrungspartikeln und werden im Laufe der nächste Monate zur geschlechtsreifen Garnele heranwachsen. Zu diesem Fortpflanzungstyp gehören viele Zwerggarnelen, neben Vertretern der Gattung Caridinia aber vor allem die Neocaridina-Arten, ferner einige kleine und mittelgroße Macrobrachium-Arten, darunter die Ringelhand- und Schokogarnelen. Hier halten sich die Verluste an Larven in Grenzen, da auch die Elterntiere ihren Jungen nicht nachstellen. Vorausgesetzt es sind keine räuberischen Fische im Gesellschaftsbecken, die der Garnelenbrut gefährlich werden könnten, dann sollte die Nachzucht der meisten dieser Garnelen auch unter normalen Aquarienbedingungen möglich sein.

Das unterschiedliche Paarungsverhalten der Garnelen

Die Paarung der Zwerggarnelen scheint eher planlos und zufällig abzulaufen. Paarungsbereite Garnelen schwimmen meist unruhig im Aquarium hin und her. Zur Paarung berühren sie sich nur wenige Sekunden Bauchseite an Bauchseite. Dabei setzt das Männchen ein Samenpaket, die sogenannte Spermatophore, in der Nähe der weiblichen Geschlechtsöffnung ab. Zur Befruchtung kommt es aber erst, wenn die Eier vom Weibchen ausgestoßen werden. Großarmgarnelen entwickeln ähnlich wie Flusskrebse ein weitaus komplizierteres Paarungsverhalten. Die Männchen, normalerweise im Umgang mit ihres gleichen nicht gerade zimperlich, mutieren während der Balz zu geradezu zärtlichen Liebhabern. Geduldig wartet das Männchen, bis sich das von ihm auserkorene Weibchen häutet. Denn die Kopulation kann nur bei einem noch weichen Panzer des Weibchens zum Erfolg führen. Da das frisch gehäutete Weibchen in dieser Phase besonders verletzlich ist, beschützt es das Männchen mit seinen weit ausgebreiteten Scherenbeinen und verteidigt es gegenüber vorwitzigen Garnelen oder angriffslustigen Fischen. Geduldig dirigiert und dreht das Männchen schließlich sein Weibchen in die richtige Stellung, um mit ihm kopulieren zu können. Das Paarungsverhalten der Fächergarnelen ist noch weitgehend unbekannt, da meistens nur Männchen importiert werden. Und selbst die wenigen in den Handel gelangenden Weibchen, die schon Eipakete mit sich tragen, konnten noch nicht erfolgreich im Aquarium weitergezüchtet werden.

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